2021-10-28 22:15

TSV Stellingen 88 - FC St. Pauli 5 29:24 (17:9)

23.10.2021, 16:00 Uhr, Wegenkamp

M - eine Stadt sucht einen Spielbericht

Ich hatte den Auftrag, über diese Sache in Stellingen soviel rauszubekommen wie möglich. Meine Auftraggeber verstanden keinen Spaß. Sie waren von der Sorte, die dreimal über einen Witz lacht: wenn du ihn erzählst, wenn ihr Anwalt ihn erklärt und wenn sie dich erschossen haben. Aber der Vorschuß stimmte.
Die Stadt gab sich zugeknöpft. Keiner wollte was gesehen oder gehört haben. Keiner kannte einen, der dabeigewesen war oder einen kannte, der über einen was wußte, der vielleicht was gesehen hatte. Es schien ne wirklich heiße Sache zu sein.
Ich mußte drei, vier Steine mehr umdrehen als üblich und auf den einen oder anderen Busch zusätzlich klopfen – dann hatte ich einen Namen. Ein gewisser M. habe sich zum fraglichen Zeitpunkt in der Gegend aufgehalten.
Ich erwischte M., als er den Müll rausbrachte und beließ es bei einem freundlichen Verhör. Der Kerl war total eingeschüchtert. Er habe sich nichts zuschulden kommen lassen, beteuerte er, und eigentlich sei er nur zufällig da gewesen und ja, natürlich sei das dumm gelaufen und es täte ihm ja auch leid, aber er hätte’s ja nicht alleine verbockt. Ich solle nur zu M. gehen; der würde das bestätigen. Um diese Zeit sei er meistens in der „Kleinen Pause“.
M. speiste mit einem Kumpel in der Fürstenloge der Kleinen Pause. Er gab sich ausgesprochen maulfaul. Ich gab ihm drei Bier aus, um ihn gesprächig zu machen. Gut, sagte er, da sei schon einiges an Kapital verbrannt worden. Allzuviel wisse er aber auch nicht. Es sei einfach alles zu schnell gegangen und da sei dieses Riesenbaby rumgelaufen, das für ordentlich Alarm gesorgt hätte. Dauernd hätte einer gerufen, sie sollten die Hände heben, dabei seien gar keine Bullen da gewesen. Nur zwei fragwürdige Gestalten vom Ordnungsamt hätten für Unmut gesorgt.
Er gab mir die Adresse seines Kumpels M. Der sei an seiner Seite gewesen. Wenn ich Glück hätte, würde ich ihn an der Buda finden.
M. war nicht an der Buda, aber er lungerte vorm Jolly rum. Ich ging es direkt an und blätterte die mir bekannten Fakten auf den Tisch.
Ja und? meinte er ungerührt. Ob er sich jetzt erschießen solle? Es könne ja wohl nicht immer alles gelingen und sie seien zwar die schärfste Truppe weit und breit, aber vielleicht nicht immer. Ein paar ihrer besten Männer hätten gefehlt. Und zu den Fakten gehöre ja wohl auch, daß sie nicht aufgegeben hätten. Wäre er sonst hier? Wer mir noch mehr erzählen könne? M. vielleicht.
Mir platzte der Kragen. „Willst du mich verarschen, Bürschchen?“ knurrte ich, „Wieviele Ms kommen denn da noch?“ Da könne er ja nun wirklich nichts für, entgegnete er. „Bei uns heißen fast alle M. Nur Alejandro nicht – der heißt Kurt.“
M. schraubte am Auto rum und bedrohte mich mit dem Wagenheber. Nur weil er in Stellingen nichts gerissen habe, sei er nicht wehrlos, rief er mit zittriger Stimme. Ich beruhigte ihn mit einer Backpfeife und einem Joint. Er gab zu, dass sie ordentlich Scheiße gebaut hatten. Ich solle meinem Boß sagen, sie würden’s wieder gutmachen. Sobald wie möglich. Ehrlich! Und wegen der Details sollte ich mal N. fragen. Der hätte das ganze Bohei vom Rand aus mitbekommen.
„N?“ fragte ich zurück. „Geht das jetzt nach Alphabet?“ M. gab sich irritiert. Ich sah zu, daß ich fortkam.
Ich traf N. im Fitneßstudio. Ja gut, meinte er jovial, das sei jetzt nicht unbedingt das Gelbe vom Ei gewesen in Stellingen, aber man solle doch mal die Kirche im Dorf lassen und auch die positiven Seiten sehen. Ich fragte, wie genau denn diese positiven Seiten aussähen. Ich solle mal nicht spitzfindig werden, schnappte er zurück. Es sei gerade schwer genug für alle. Da könne man solche Miesmacher wie mich nun wirklich nicht gebrauchen.
Resigniert fragte ich ihn, ob er mich jetzt zu O. schicke. „Was für ein O?“ entgegnete er, „Ich kenn’ keinen O.“ Dann schickte er mich zu A.
Ich kannte A. von früher. Wie immer saß er angeschiggert an seinem Tisch in der „Halben Eule“ und hielt Maulaffen feil. Scheiße sei’s gewesen und sie hätten’s verbockt, verbockt, verbockt und ich solle den anderen mal gerade gar nichts glauben und keiner hätte gekämpft, höchstens fünf Minuten und wenn man nicht kämpft, dann kann man auch nicht gewinnen und alles viel zu langsam, mit dem Kopf und mit den Beinen und, und, und…
Ich kannte die Litanei – hätte ich bloß nicht gefragt. Ich floh aus der Halben Eule und kaufte mir an der Ecke was zu trinken. Morgen mußte der Bericht fertig sein oder der Alte würde mir den Kopf abreißen. Die Nacht konnte ich vergessen.
(arne)

Es spielten: Nils, Moritz „Mo“ S., Michael „Michi“ H., Max G., Max „Borsti“ B., Michael G., Jonas, Arne, Malte J., Benedict, Wilde, Sören
Bank: Felix

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