2021-11-23 23:33

SG Altona 3 - FC St. Pauli 5 14:23 (6:14)

21.11.2021, 11:30 Uhr, Eckernförder Straße

Saugut

Eine Mondlandschaft in der Lüneburger Heide. Auf einem Hügel ein riesiges Anwesen im Landhausstil, das aus zwei Tagesmärschen Entfernung zu sehen ist. In der Reihe „historische Spiele“ ist knickwurf.history heute zu Gast bei Max Borstelmann, der hier in der Nähe von Munster die größte Wildschweinzucht Europas betreibt. Aus dem gewaltigen Wintergarten schweift unser Blick über hunderte Hektar Brachland, auf dem sich Abertausende Wildschweine in Schlammpfützen suhlen, an Bäumen reiben, oder auf dem Rücken liegend ihren Bauch der fahlen Herbstsonne präsentieren. Wohlwollend weidet sich unser Gastgeber an der Szenerie. Ein livrierter Lakai bringt große Steingutbecher, die mit einer fragwürdigen Flüssigkeit gefüllt sind.

knickwurf: (naserümpfend) Was ist das?
Max Borstelmann: (fröhlich) Das ist Echt Stonsdofer. Prost, Jungs!
kw: (etwas gezwungenes Schlucken)
kw: Herr Borstelmann – oder dürfen wir sie „Max“ nennen?
Max Borstelmann: (jovial) Typen wie ihr dürfen mich „Borsty“ nennen.
kw: Prost, Borsty! Bevor wir zum Sport kommen: Ist „Wildschweinzucht“ nicht ein Widerspruch an sich?
Borsty: Das ist auch nicht wirklich eine Zucht. Als ich das Gelände damals billig vom Bund gekauft habe, waren die Schweine schon da. Ich hab’ dafür gesorgt, dass sie bleiben und sich wohlfühlen und daraus ist schnell eine einträgliche Geschäftsbeziehung geworden.
kw: Betreiben Sie denn auch einen eigenen Schlachthof?
Borsty: (entsetzt) Schlachthof??!!!?! Seid ihr irre? Wildschweine sind hochintelligent! Die schlachtet man doch nicht! Könnt ihr mir mal erzählen, was ich mit toten Wildschweinen anfangen soll?
kw: (verstört, ablenkend) Eigentlich wollten wir ja auch über Handball sprechen. Sie erinnern sich sicher an das Spiel bei Altona im Herbst `21.
Borsty: (stutzt, regt sich ab, grinst sardonisch) Altona? Natürlich erinnere ich mich daran. War geil.
kw: Was genau war damals so „geil“ an dem Spiel?
Borsty: Ja… - eigentlich ne ganze Menge. Also zuerst mal die Abwehr. Wir haben die komplett abgekocht. 2 mickrige Törchen in der ersten Viertelstunde. Während wir fleißig genetzt haben.
kw: Und das ging dann so weiter?
Borsty: Joah… – das ging dann so weiter. Auch als ihr echter Torwart kam. Das war das zweite Spiel hintereinander, wo der Gegner seinen Torwart nicht rechtzeitig beigebracht hat. Aber der echte hat auch nicht halb so viel angefaßt wie Malte. Der hatte aber auch seine Frau im Publikum sitzen und mußte ihr was bieten.
kw: Aber die Torwartleistung war nicht entscheidend?
Borsty: Nö. Ich war auch gut. (schließt genießerisch die Augen) Der eine Konter, den ich reingepritscht habe – Weltklasse. Und der Heber vom Kreis war auch geil. Da hat er richtig dumm gekuckt.

Borsty lehnt sich in seinem Polstersessel zurück und zieht eine gewaltige Zigarre aus der Tasche, die er umständlich mit einem nach Benzin stinkenden Sturmfeuerzeug anzündet. Nachdem er ein paar Züge gepafft hat, füllen übelriechende Schwaden den Raum. Die uns angebotenen Zigarren lehnen wir dankend ab. Es läutet. Ein Besucher tritt ein. Borsty begüßt ihn aufs herzlichste, entschuldigt sich kurz bei uns und geleitet ihn hinaus.
Nach einer Weile kommen sie schwatzend und zigarreschwenkend am Fenster vorbei, in ihrem Gefolge trottet fröhlich eine Rotte von gut dreißig Wildschweinen. Alle Schweine tragen eine regenbogenfarbene Binde am Vorderbein. Mit einem Klaps auf die Schulter verabschiedet Borsty seinen Besucher und kommt ins Haus zurück.

Borsty: Und wieder ein gutes Werk getan!
kw: Wer war das?
Borsty: Der kam von der Antifa Harksheide. Da gibt’s demnächst so ‘ne Art Naziaufmarsch und sie brauchen ein paar kompetente „Ordner“ für die Gegendemonstration.
kw: Ach, das ist das Geschäftsmodell…
Borsty: (grinst) Wenn die einmal von so ‘ner Rotte Wildsauen aufgemischt worden sind, überlegen sie sich gut, ob sie wiederkommen wollen. Und rechtlich ist das eine Grauzone…
kw: Und davon läßt sich all das hier finanzieren? Von der Antifa?
Borsty: Natürlich nicht! Die kriegt ‘nen Freundschaftspreis. Aber habt ihr schonmal was von „Fachkräftemangel“ gehört? Security ist ein großes Ding. Den Markt für Rockkonzerte kontrollieren wir seit langem. Habt ihr euch nie gewundert, warum es keine Querdenker-Demos mehr gibt? Und vor allem: Wann wart ihr zuletzt im Stadion?
kw: Öööh…
Borsty: Und das ist noch nicht alles. Wir haben gute Erfahrungen mit Wildschweinen in der häuslichen Pflege. Im Güterverkehr. In Fahrschulen. Und wir fangen jetzt an, den Tiefbau zu erschließen. Da gibt’s Schmutzzuschlag – und wo geben die Schweine ihr Geld aus?
kw: (grübelt) Ja, äääh… Schwein? Geld?
Borsty: (breitet die Arme aus) Bei mir natürlich! Die haben alle das Rundum-Glücklich-Paket in Borstelmanns Wellness-Oase gebucht. Glückliche Kunden, glückliche Schweine und für mich bleibt auch was hängen. Eine win-win-win-Situation.
kw: Sehr schön. Um zum Spiel zurückzukommen – das war also ein glatter Durchmarsch?
Borsty: (seufzt) Natürlich nicht. Der Trainer mußte ihnen in der Pause ordentlich was geflüstert haben. Jedenfalls waren sie heiß und wir waren schlurfig und plötzlich waren aus acht Toren Vorsprung vier geworden und noch ganz schön lange zu spielen.
kw: (kräuselt die Stirn, zieht ein dickes Buch aus der Tasche und blättert) Da gab’s doch mal so ein Spiel gegen Moorrege…
Borsty: Gnagnagna! Da gab’s auch so ein Spiel gegen Farmsen. Gar nicht lange vorher. Aber nix da! Wir haben den anderen Max auf die eins gestellt und das war’s.
kw: „Das war’s“?
Borsty: Naja: Mach was anders, dann läuft’s anders. Wir haben wieder getroffen und sie haben gemerkt, wie platt sie waren. Weil: die waren zwar jung, aber nur zu neunt. Irgendwann waren wir auf elf weg und haben das dann gemütlich nach Hause geschaukelt. Noch ein paar schöne Dinger von Außen und ein bißchen in der Abwehr schlafen. (drückt die Zigarre aus) Und dann ‘ne kalte Dusche und ein warmes Bier.
kw: Oh! Das tut mir leid.
Borsty: Nee, war’n Witz.
kw: Nun denn – Borsty, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Borsty: Horrido, Jungs. Und legt euch beim rausgehen nicht mit den Schweinen an.

(arne)

Es spielten: Malte S., Nils, Michael „Michel“ S., Wuttich, Max G., Max „Borsti“ B., Simon, Arne, Malte J., Benedict, Wilde, Sören
Bank: Felix, Holger
Publikum: Mo

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